Bunte Linke im Gemeinderat zur Gremienbesetzung

Hilde Stolz: Stellungnahme zur Gremienbesetzung, Gemeinderat vom 24.07.2014

Es bleibt Ihnen nicht erspart: für die Öffentlichkeit müssen einige Dinge klar dargelegt werden, alle bisherigen Verhandlungen und Gespräche waren nichtöffentlich und die Ergebnisse sind für sich betrachtet völlig unverständlich.

Was geschah: Interfraktionelle Treffen gab es seit Ende Juni. Zielsetzung: Alle sollen angemessen und ihrem Wahlerfolg entsprechend beteiligt werden.

U.a. aufgrund dieser Zielsetzung kam auch beim ersten Treffen der Vorschlag, die Zahl der Sitze in den Ausschüssen von 14 auf 16 zu erhöhen. Danach erst wurden Zusammenschlüsse zu neuen Fraktionen mit entsprechenden Vorteilen gegenüber 2er-Gruppen bekannt gegeben.

Für Arnulf Weiler-Lorentz und mich sind die wichtigsten Rahmenbedingungen auch ohne Fraktionsstatus gewährleistet. Das sind: angemessen in den Ausschüssen mitwirken zu können, Anträge einbringen zu können und Themen zu setzen – für letzteres sind wir weiterhin auf Unterstützung durch andere angewiesen. Wir möchten aufgrund unseres persönlichen Wahlergebnisses auch keinen direkten Anspruch auf Sitze in übergeordneten Gremien erheben. Deshalb haben wir zwar mit einigen gesprochen, aber nicht lange nach einer „Fraktion“ gesucht. Wir schlossen eine Unterstützung anderer Gruppen aber nicht aus, tun es auch heute nicht.

Am 6. Juli erhielten wir die Nachricht vom Übertritt von Waseem Butt in die CDU. Das verschob die Sitzverteilung erheblich: die CDU reklamierte im ersten Schritt vier Sitze für sich in allen Ausschüssen, die Fraktion GAL/HPE/gen.hd war jetzt als 4er-Gruppe benachteiligt. Es sollte im Nachgang zwischen den „Mittleren Gruppen“ eine Besetzung ausgehandelt werden. Wir wurden dazu nicht gefragt, sahen uns auch nicht in der Position, Forderungen zu erheben.

Herrr Butt ist als Spitzenkandidat von generation.hd mit völlig eigenständigem Programm angetreten. Sein Wechsel zur CDU hat das parteipolitische Kräfteverhältnis in HD verschoben. Dieser Wechsel in ein anderes politisches Lager ist ein Betrug am Wähler. Das sehen nicht nur wir so, wie Sie alle wissen. Wir wollten den Übertritt von Butt und den daraus folgenden Verlust des Ansehens des Gemeinderates und der Politik allgemein thematisieren. Uns lag daran, gemeinsam Wege zu finden, wie einem derartigen Verfahren für die Zukunft ein Riegel vorgeschoben werden kann, oder zumindest Termine für Gespräche darüber zu vereinbaren. Das stünde uns allen gut zu Gesicht. Gemeinsames Ziel muss es doch sein, die Politikverdrossenheit abzubauen, für politische Hygiene zu sorgen und so langfristig ein größeres Interesse an kommunalpolitischen Vorgängen und auch eine höhere Wahlbeteiligung zu erzielen. Stattdessen geschah genau das, was der politischen Elite immer unterstellt wird: es wurde abgelehnt, über dieses Thema zu reden, man ging zur Tagesordnung über und verteilte die Posten entsprechend der neuen Situation.

Am 11. Juli haben wir im offenen Brief den Kolleginnen und Kollegen mitgeteilt, dass wir dieses Vorgehen und auch den daraus resultierenden Besetzungsvorschlag so nicht akzeptieren können. Gleichzeitig haben wir in unseren Beiträgen im Stadtblatt seitdem unsere Positionen öffentlich gemacht.

Erst bei genauerer Analyse des von den „Mittleren“ ausgehandelten Vorschlages, der uns ab dem 16.07. vorlag, stellten wir fest, dass die Sitzverteilung keineswegs das Wahlergebnis widerspiegelt – was ja ein erklärtes Ziel war. Im mit allen Fraktionen einvernehmlich ausgehandelten Ergebnis erhalten die drei Fraktionen CDU, HDer und FDP/FW für insgesamt 37% der Wählerstimmen 47,5% aller Gremiensitze außerhalb der gemeinderätlichen Ausschüsse und darunter 50% aller Aufsichtsratssitze. Für zusammen 37% der Wählerstimmen. Die Stimmen der Kleinen (Parteien Piraten, Linke, Bunte Linke und AfD), die insgesamt 15% der Wählerstimmen hinter sich versammeln, waren auch zuvor schon nicht ausreichend berücksichtigt, das fiel aber nicht so auf. Wir wurden auch nicht gefragt, welche der „Mittleren“ oder „Großen“ wir bei einer Wahl unterstützen würden, um damit deren Gewicht zu erhöhen.
Wir beklagen uns nicht über unser eigenes Ergebnis, das ist akzeptabel, haben wir doch in jedem Ausschuss einen Sitz. Die Verteilung insgesamt ist aber alles andere als gerecht.
Dem vorliegenden Vorschlag können wir nicht zustimmen, unsere Versuche, im Vorfeld eine gerechtere Verteilung zu erzielen, stieß auf breiten Widerstand von links bis rechts. Hauptbegründung: es wäre jetzt zu spät und man dürfe die Arbeit der Gremien nicht blockieren. Und außerdem seien alle außer uns sehr zufrieden.

Es wären genau acht Sitzungen betroffen (jeweils einmal BUA, SEVA, JuHi, ASC, ABK, SportA, HAFA und JGR), wenn wir jetzt das Verfahren noch einmal stoppen und überdenken würden. Bei den Aufsichtsräten bleiben die amtierenden im Amt bis die neuen gewählt sind. Meine Meinung dazu: Eine Verzögerung der Besetzung über die Ferien zur gerechteren Verteilung der Sitze ist NICHTS gegenüber der Verschiebung der Machtverhältnisse für die nächsten 5 Jahre. Wir sollten uns die Zeit nehmen und noch einmal gemeinsam gründlicher darüber nachdenken…
Doch auch hierfür wurde keine Zustimmung signalisiert.

Da wir allein nichts für die Besetzung der Gremien und Aufsichtsräte erreichen können, stimmen wir wenigstens der Besetzung der Ausschüsse nicht zu, und stellen hierfür eine eigene Liste auf. Diese Wahl ist dann vergleichsweise schnell erledigt. Für die folgenden Wahlen in übergeordnete Gremien stellen wir keine eigene Liste auf. Wir können gegen von ganz links bis ganz rechts ausgehandelten Verteilungsvorschlägen nichts erreichen und dort sollen die Sitze nach dem vorliegenden einvernehmlichen Vorschlag verteilt werden. Trotzdem hätten wir gerne für einen stärkeren Schwerpunkt auf unserer Seite des Raumes unser Gewicht dafür in die Waagschale geworfen. Doch wenn alle anderen in diesem Raum aus 37% der Wählerstimmen 50% der Posten in wichtigen Gremien machen möchten, obwohl leicht andere Lösungen möglich wären, dann ist das eindeutig Wählerbetrug – einvernehmlich durch das gesamte Gremium. Das ist auch so, wenn jetzt nur 2 Vorschläge zur Wahl stehen. Da wird das Ergebnis das gleiche sein. Man bemüht sich nicht, den Wählerwillen abzubilden! Das wird von uns nicht unterstützt.

Hilde Stolz, 24.07.2014

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01.08.2014