Antrag der Bunten Linken zum Doppelhaushalt 2015/2016

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Herren Bürgermeister, (Frau Dr. Lorenz hat es schon gesagt, wir Frauen vermissen eine Bürgermeisterin)

sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,

liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat.

die Bunte Linke mit zwei Vertretern nimmt für sich nicht in Anspruch innerhalb der 4 Wochen, die der Haushaltsentwurf vorliegt, jede einzelne Position darin bis in die notwendige Tiefe analysiert und bewertet zu haben. Genauso wenig konnte es uns gelingen  – selbst mit der dankenswerter Weise sehr intensiven Unterstützung unserer Mitglieder und Sympathisanten – eine Abwägung und Priorisierung der einzelnen Vorhaben und Projekte innerhalb des Gesamtentwurfs und hinsichtlich der Relevanz für die Gegenwart und Zukunft der Stadt und ihrer Bewohner so sorgfältig wie nötig durchzuführen. Deshalb können wir auch wirklich nicht guten Gewissens Einzelanträge stellen, hier etwas zuzugeben und dort etwas wegzunehmen. Es ist Aufgabe des Oberbürgermeisters und der Verwaltung, Finanzentscheidungen vorzubereiten und dabei Vorschläge zum sorgsamen Umgang mit öffentlichen Finanzen zu machen.

Genau diesen sorgsamen Umgang mit unser aller Geld vermissen wir an vielen Stellen. Der vorgelegte Haushaltsentwurf für die Jahre 2015 und 2016 sieht eine erhebliche Neuverschuldung vor, Zahlen wurden ja schon genannt. Und dies bei stark gestiegenen Einnahmen!

Dazu kommt, dass viele vom Oberbürgermeister geplante Investitionen zu einem auf Dauer angelegten, langfristig hohen Finanzierungsbedarf für Betrieb und Unterhalt führen. Die Kernaufgabe der Stadt, die öffentliche Daseinsvorsorge - wozu wir auch die Armutsbekämpfung und weitere soziale Aufgaben ebenso wie die Bewahrung der Lebensgrundlagen durch Schutz von Umwelt und Natur zählen - wird allerdings an einigen Stellen stark vernachlässigt.

In den Bereichen Kultur, Sportstätten und Kinderbetreuung soll laut Entwurf erheblich investiert werden und dafür auch neue öffentliche Schulden gemacht werden. Beim aktuellen Entwicklungsstand und Status dieser Aufgabengebiete in Heidelberg ist ein so weitgehender Ausbau aber aus unserer Sicht jenseits der Notwendigkeit. Dagegen finden sich Beispiele für vernachlässigte Bereiche der Daseinsvorsorge in praktisch jedem Stadtteil etwa im gerade vorgelegten Straßenzustandskataster und beim Unterhalt und Neubau von Schulgebäuden - ich nenne nur die fehlende Mensa für den Ganztagsbetrieb der sehr gut angenommen Gemeinschaftsschule auf dem Boxberg. In den Einzelanträgen der übrigen Fraktionen finden Sie eine große Zahl weiterer Beispiele

Zusammengefasst: Mit diesem Haushalt 2015 wird die Stadt es nicht schaffen, der Hauptaufgabe gerecht zu werden: zu allererst die Menschen gut zu versorgen. Vor allem einkommensschwache Schichten werden auf Dauer darunter zu leiden haben.

Und das trotz sehr guter Einnahmesituation bei der aktuell guten Konjunktur und trotz der hohen Neuverschuldung. Zur Rückführung der Verschuldung in überschaubarem Zeitrahmen fehlen die Ansätze im Haushaltsentwurf ganz. Im Gegenteil: Innerhalb von nur 4-5 Jahren verdoppeln wir die städtischen Schulden und verfrühstücken auch noch den letzten Rest an Rückstellungen und Kassenbestand. Es bleibt 2019 nur noch eine kleine Liquiditätsreserve und jede außerordentliche Belastung verlangt sofort nach neuer Verschuldung.

Unser Hauptantrag hat also seine Berechtigung. Er lautet: Der Gemeinderat weist den Haushaltsentwurf 2015-16 als Ganzes zurück und beauftragt Oberbürgermeister und Verwaltung, einen neuen Entwurf mit einer maximalen Neuverschuldung von 10 Mio€ im Haushaltsjahr 2015 und 5 Mio€ im Jahr 2016 vorzulegen.

Wenn dann bei Konzentration auf die unverzichtbaren Kernaufgaben der Stadt das Geld wirklich nicht ausreicht, kommt für uns - vor einer Neuverschuldung - zur Finanzierung eine Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuer infrage.

Unsere weiteren Anträge sind Hinweise, wie eine Neuformulierung des Haushaltsentwurfs erfolgen sollte und welche wichtigen Instrumente uns noch fehlen:

Klimabericht:

Heidelberg braucht einen neuen detaillierten Klimabericht für die Gesamtstadt. Aufgrund der seit dem letzten Klimabericht aus dem Jahr 1995 erfolgten Baumaßnahmen – häufig in laut Bericht von Bebauung frei zuhaltenden Bereichen - und aufgrund der aktuell anstehenden Weiterentwicklung der Stadt ist es dringend erforderlich, hier den Status quo festzustellen. Nur auf gesicherter Basis kann die gesundheitliche Gefährdungslage für die Menschen in der Stadt eingeschätzt werden und können zukünftige Planungen entsprechend angepasst werden.

Auch für diesen Antrag bitten wir um Ihre Unterstützung: Zukünftige Generationen werden dankbar sein, wenn wir mit dieser Kenntnis bei jeder Einzelentscheidung eine nachteilige Veränderung des zusammenhängenden Mikroklimas verhindern können. 

Transparenter Kommunalhaushalt/ Bürgermitbestimmung

Wir beantragen, alle Investitionsentscheidungen über 7 Mio€ den Bürgern zur Zustimmung mittels Bürgerentscheid vorzulegen. Durch Bürgerentscheide zu Großprojekten wird die Verantwortung und das Verständnis des Souveräns im Staat - also der Bürgerinnen und Bürger - für das Agieren der Öffentlichen Hand gestärkt und der Politikverdrossenheit entgegengewirkt.
Ich appelliere an Sie alle, dass wir gemeinsam den Mut dazu aufbringen, von unserer Macht und Verantwortung dieses kleine Stück an die Wähler zurück zu geben. Das wird viele Vorteile haben: Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass die direkte Demokratie all über alles zu viel sorgfältigeren Umgang mit öffentlichen Mitteln führt als Mandatsträgerentscheidungen. Das liegt – leicht nachvollziehbar - unter anderem daran, dass beim Bürgerentscheid jeder einzelne mit seinem Votum keine Rücksicht zu nehmen braucht auf Wählergruppen und Parteitaktik.

 

Erbpacht

Sie erwarten es von uns, hier ist er, der Antrag zur Erbpacht. Wir beantragen den Verbleib der US-Flächen nach dem Kauf von der Bima in städtischer Hand und beantragen, die Freigabe zur Nutzung nur in Erbpacht zu erteilen. Dies wird ganz weitreichende positive Auswirkungen in Bezug auf die langfristige Stabilität des städtischen Haushalts, aber auch auf die Entwicklung der Gebiete und vor allem auf die Mieten in der Stadt haben.

Unbestritten fehlt bezahlbarer Wohnraum in Heidelberg wie in vielen anderen Ballungsräumen auch. Auch, dass der Abzug der NATO und der US-Army für Heidelberg eine einmalige Chance ist, wird mittlerweile von allen so gesehen. Es genügt aber nicht, hohe Anteile günstigen Wohnraum zu fordern und Fristen für Sozialbindung festzulegen. Das ist zu kurz gedacht. Es geht hier um das Gemeingut Grund und Boden. Grund und Boden ist nicht vermehrbar und die Nutzung muss wie die Nutzung von Wasser und Luft  geschützt werden. Nur das kann Bodenspekulation und ein ständiges Ansteigen der Grundstückspreise wirkungsvoll verhindern. Durch den glücklichen Fakt der Konversion ist Grund und Boden in Heidelberg jetzt in sogar ganz großem Umfang im öffentlichen Eigentum. Da muss er auch dringend bleiben, da gehört er hin. Wir dürfen diese große Chance nicht vertun!

 

Unterstützung Dritter

Trotz der großartigen Unterstützung durch Partner der Stadt im Bereich der Armutsbekämpfung, Beratung und Betreuung und der Prävention wird auch in Heidelberg die Schere zwischen arm und reich immer weiter aufgehen. Und wir finden es in diesem Zusammenhang nicht richtig, dass die Unterstützung dieser Arbeit im vorgelegten Haushaltsansatz auf den Stand von 2014 eingefroren wird. Wo die Bedarfe im Einzelnen liegen, haben die anderen Fraktionen im Detail ausgeführt. Wir sehen uns nicht in der Lage wirklich objektiv zu bewerten, wer wie viel wirklich braucht. Wir möchten uns auch nicht dem Vorwurf aussetzen, dass diejenigen, die am lautesten geschrien haben, am Ende mehr bekommen und andere leer ausgehen. Die Verantwortung der sinnvollen Zuteilung möchten wir an die Fachleute in den Ämtern delegieren und halten eine Erhöhung von insgesamt 10% gegenüber der Förderung aus dem Jahr 2014 für angemessen.

Ich hoffe, ich konnte einigermaßen deutlich machen, wo unsere Prioritäten liegen und nach welchen Gesichtspunkten die Bunte Linke entscheidet. Unsere Richtschnur ist zusammengefasst im Namen unserer Wählervereinigung: Bunte Linke – Bündnis für Demokratie, Solidarität, Umwelt und Frieden.

Priorisierungen innerhalb dieses Kanons nehmen wir entsprechend unseres Wahlprogramms in Absprache mit unseren Mitgliedern und Vertrauten vor. Dies schon mal als Hinweis für die in den nächsten Wochen sicherlich noch notwendigen interfraktionellen Absprachen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bin gespannt, ob wir es gemeinsam schaffen, am Ende einen vernünftigen Haushalt verabschieden zu können.

06.03.2015